Depressionen in den Wechseljahren

Dr. Maike Michel

Medizinisch geprüft von

Dr. Maike Michel

Letzte Änderung: 06 Jun 2019

In den Wechseljahren fallen die weiblichen Sexualhormone allmählich ab, bis die Eierstöcke ihre Funktion ganz einstellen. Studien deuten darauf hin, dass Frauen in dieser Zeit ein höheres Risiko haben, an einer Depression zu erkranken. ZAVA erklärt die medizinischen Hintergründe und Behandlungsmöglichkeiten.

Inhalt
Eine Frau leidet in den Wechseljahren an Depressionen. Sie sitzt nachdenkend auf einer Parkbank.
 

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, während der Wechseljahre an einer Depression zu erkranken?

Es gibt immer wieder Hinweise darauf, dass depressive Episoden vermehrt in den Wechseljahren auftreten. Eine genaue Risikoerhöhung lässt sich nicht festmachen; Depressionen kommen generell häufiger bei Frauen als bei Männern vor. Auch Zeiten körperlicher Veränderungen bringen ein Risiko für die Entwicklung einer Depression mit sich. Dabei bedingen sich Depressionen und Wechseljahresprobleme gegenseitig: Frauen, die anfänglich über depressive Symptome klagten, entwickelten auch eher menopausale Beschwerden. Wechseljahresbeschwerden wiederum erhöhen die Wahrscheinlichkeit für depressive Stimmungen.

Was kennzeichnet eine Depression?

Die Hauptmerkmale dieser psychischen Erkrankung zeigen sich in gedrückter Stimmung, Antriebslosigkeit und Interessensverlust. Dazu können Symptome wie Konzentrations- und Schlafprobleme, Schuldgefühle und eine negative Selbstwahrnehmung kommen.

Das generelle Risiko, an einer Depression zu erkranken oder zumindest eine depressive Phase zu durchleben, beträgt über die Lebenszeit etwa 16 bis 20 %. Frauen sind dabei öfter betroffen als Männer.

Wichtig ist allerdings, zwischen einer Depression und einer depressiven Verstimmung zu unterscheiden. Letzteres ist die mildere Form einer Depression und kommt wesentlich häufiger vor. Anders als bei einer Depression sind die Symptome nicht so schwerwiegend und vergehen meist nach ein paar Wochen wieder. Jedoch kann eine depressive Verstimmung auch in eine Depression übergehen. Sollten die Symptome also über einen längeren Zeitraum anhalten, ist es ratsam, professionelle Hilfe aufzusuchen.

Depression in den Wechseljahren: Sind die Hormone schuld?

Lediglich vasomotorische Symptome wie Hitzewallungen und Schweißausbrüche stehen erwiesenermaßen in Zusammenhang mit einem Hormon- beziehungsweise Östrogenmangel.

Doch viel spricht dafür, dass auch die Ursache für ein erhöhtes Depressionsrisiko im Abfall der Sexualhormone liegt. Forscher sind sich einig, dass Phasen hormoneller Umstellungen wie in der Pubertät, einer Schwangerschaft, im Wochenbett und eben auch in den Wechseljahren eher eine Depression auslösen können.

Tatsächlich offenbarte eine Studie, dass Sexualhormone neurochemische Signalwege im Gehirn beeinflussen, die mit der Entstehung einer Depression zusammenhängen. Östrogen und Progesteron haben Einfluss auf die Wirkung von Neurotransmittern. Vor allem Östrogen greift in das Serotonin- und Dopaminsystem ein, welches wiederum emotionale und kognitive Fähigkeiten steuert.

Die Entstehung einer Depression ist allerdings multifaktoriell. Damit ist gemeint, dass nicht nur hormonelle Umstellungen, genetische Faktoren oder neurochemische Veränderungen eine Rolle spielen. Im mittleren Lebensalter stehen oft zahlreiche Umbrüche an. Möglicherweise ziehen die eigenen Kinder aus, die gewohnten Strukturen ändern sich. Sorgen um die eigene Gesundheit und das Altern nehmen häufig zu, vielleicht macht man sich Gedanken über die eigene Endlichkeit. Diese Art „Neuorientierung“ kostet Kraft und kann zeitweise überfordern. Auch diese Umstände können die Entstehung einer Depression begünstigen.

Wann ist das Risiko für eine Depression am größten?

In der Tat treten depressive Symptome häufiger bei Frauen auf, die auch unter den sogenannten vasomotorischen Symptomen leiden, also über Hitzewallungen, Schweißausbrüche und Nachtschweiß klagen.

In einigen Untersuchungen zeigte sich, dass Frauen, die früh in die Menopause kommen, eher eine Depression entwickeln. Wurde die Menopause künstlich herbeigeführt, etwa durch eine chirurgische Entfernung der Eierstöcke, fallen die Sexualhormone abrupt ab. Auch dies geht mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für eine Depression und mit schwereren Symptomen einher. Das höchste Risiko haben jedoch Frauen, die zuvor schon einmal an einer depressiven Verstimmung oder einer Depression gelitten haben.

Wie wird eine Depression in den Wechseljahren behandelt?

Vor Beginn einer Behandlung ist erst einmal wichtig, die Anzeichen richtig zu deuten und zwischen depressiven Verstimmungen und einer Depression zu unterscheiden. Zudem ist für eine Therapie entscheidend, wodurch eine Depression ausgelöst wird, beziehungsweise ob ein Zusammenhang zu den Wechseljahren besteht.

Im Allgemeinen wird für die Entstehung einer Depression ein Mangel der Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin verantwortlich gemacht. Antidepressiva sorgen dafür, dass Serotonin (SSRI für Selective Serotonin Reuptake Inhibitor) oder Serotonin und Noradrenalin zusammen (SSNRI für Selective Serotonin-Noradrenalin-Reuptake-Inhibitor) länger im Gehirn verfügbar bleiben. Bestehen außerdem Schlafprobleme, kann der Arzt ein Antidepressivum mit sedierender Wirkung verordnen, etwa Mirtazapin oder sogenannte trizyklische Antidepressiva.

Bei deutlichen Wechseljahresbeschwerden können Ärzte eine Hormonersatztherapie verschreiben, die typische Probleme der Menopause wie Hitzewallungen, Scheidentrockenheit und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr lindern kann.

Es hat sich gezeigt, dass auch Stimmungsschwankungen und Depressionen durch die Einnahme von Östrogen gelindert werden. Laut Forschern kann die Verschreibung einer Hormonersatztherapie, eventuell ergänzt durch ein passendes Antidepressivum, bei einer Depression in den Wechseljahren helfen. Vor allem bei Patientinnen, die unter Hitzewallungen litten, schien diese Therapie wirksam zu sein. Die Einnahme eines SSRI wiederum scheint das Auftreten von Hitzewallungen um bis zu 64 % zu reduzieren.

Experten empfehlen, die Verschreibung eines Medikaments von den vorliegenden Symptomen abhängig zu machen. Klagt eine Frau vor allem über Depressionen und weniger über Hitzewallungen, sollte ein SSRI gegeben werden. Stehen die vasomotorischen Symptome im Vordergrund, hilft die Hormonersatztherapie. Sind beide Symptome gleich belastend, ist möglicherweise eine Kombinationstherapie am besten geeignet.

Obwohl wirksame Medikamente zur Verfügung stehen, sollten Frauen auch über die Möglichkeit einer Psychotherapie nachdenken. Durch diese kann eine Depression gezielt behandelt werden und auch zu einer positiveren Bewertung des neuen Lebensabschnitts beitragen.

Wie können Frauen einer wechseljahresbedingten Depression vorbeugen?

Studien haben gezeigt, dass Entspannungstechniken eine positive Wirkung auf sowohl vasomotorische als auch depressive Symptome haben können. Ein wichtiger Faktor ist selbstverständlich ein stabiles soziales Umfeld und die Unterstützung, die man von diesem erfährt. In der Diskussion ist auch häufiger die Wirksamkeit von natürlichen Nahrungsergänzungsmitteln wie Sojaprodukten und Rotklee. Bislang konnte dies aber wissenschaftlich nicht bewiesen werden und beruht vorerst auf Annahmen und Berichten von Einzelfällen.

Tatsächlich besteht bei einem Großteil der Frauen, die in die Wechseljahre eintreten, ein relativ geringes Risiko für eine Depression in den Wechseljahren. Sollten Sie allerdings Anzeichen einer Depression bemerken, ist es empfehlenswert, sich vertrauensvoll an einen Arzt zu wenden. Dieser kann die für Sie beste Therapie mit Ihnen besprechen.

Was bedeuten „Wechseljahre“, „Klimakterium“ und „Menopause“?

Ärzte sprechen von der „Menopause“, wenn die letzte Regelblutung stattgefunden hat und mindestens ein Jahr lang keine weitere folgt. Für die Frau bedeutet dies das Ende der reproduktiven Phase. Danach ist keine natürliche Empfängnis mehr möglich, denn in den Eierstöcken (Ovarien) reifen nun keine Eizellen mehr heran.

Allerdings stellen die Ovarien ihre Funktion nicht auf einmal ein. Die Zeit, in welcher der Menstruationszyklus unregelmäßiger wird und schließlich komplett aufhört, wird als „Klimakterium“ bezeichnet. Im allgemeinen Sprachgebrauch versteht man darunter die Wechseljahre. Diese Phase dauert zwischen 3 und 6 Jahren an. Im Durchschnitt erleben Frauen ihre Menopause im Alter von 52, wobei es auch hier große Unterschiede gibt.

Was passiert im Körper während der Wechseljahre?

Während der fruchtbaren Lebenszeit schüttet die Hirnanhangdrüse die Hormone FSH (Follikel-stimulierendes Hormon) und LH (Luteinisierendes Hormon) aus. Sie regen die Produktion der Sexualhormone Östrogen und Progesteron in den Eierstöcken an, welche wiederum den Eisprung möglich machen.

In den Wechseljahren verlieren die Eierstöcke nach und nach ihre Funktion. Die Progesteron- und Östrogenspiegel sinken allmählich ab. Durch den Hormonmangel kommt es immer öfter zu Zyklen, in denen kein Eisprung stattfindet. Schließlich lässt die Funktion des Ovars komplett nach.

Welche körperlichen und psychischen Beschwerden können dabei auftreten?

Nicht alle Frauen spüren die körperlichen Veränderungen in Form von Wechseljahresbeschwerden, etwa 30 % fühlen sich gar nicht beeinträchtigt. Ein Drittel berichtet jedoch über milde, ein weiteres Drittel über starke Symptome. Die Beschwerden sind etwa Hitzewallungen und Schweißausbrüche (die sogenannten „vasomotorischen Symptome“), Schlaflosigkeit, Unruhe, Scheidentrockenheit oder eine Gewichtszunahme. Manche Frauen berichten auch über Stimmungsschwankungen oder gar eine Depression.

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Medizinisch geprüft von:
Dr. Maike Michel Medizinische Autorin

Maike Michel unterstützt das Ärzteteam von ZAVA bei der medizinischen Texterstellung und -prüfung. Sie studierte Medizin an den Universitäten in Münster und Freiburg. Seit 2016 arbeitet sie als Assistenzärztin in einer psychiatrischen Klinik in Deutschland und trägt seit Juli 2022 den Facharzttitel für Psychiatrie und Psychotherapie.

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