Haarausfall durch Stress

Michel Wenger

Medizinisch geprüft von

Dr. med. Michel Wenger

Letzte Änderung: 06 Mai 2019

Ursachen und Behandlung von stressbedingtem Haarausfall

Inhalt
Hübsche, junge Frau ist nach dem Kämmen ihrer Haare über ihren, durch Stress hervorgerufenen, Haarausfall schockiert.
 

Der Verlust von Teilen der Kopfbehaarung im Laufe des Lebens ist ein vollkommen natürlicher Vorgang und kommt bei jedem Menschen vor. Umso wichtiger ist es von dieser natürlichen Form des Haarausfalls verschiedene pathologische Vorgänge zu unterscheiden, bei welchem es zu unnatürlich starkem Haarausfall kommt. Zu den Ursachen chronisch pathologischen Haarausfalls gehören unter anderem: Hormonelle Fehlregulation, erbliche Ursachen und chronischer Stress. Stressbedingter Haarausfall lässt sich durch eine Veränderung des Lebensstils reduzieren. Dieser Text liefert Auskunft darüber, wie anhaltender Stress das Haarwachstum beeinflussen und wie man diesem Vorgang entgegenwirken kann.

Wie wird das Haarwachstum reguliert?

Die einzelnen Haarfollikel durchlaufen verschiedene Wachstums- und Ruhephasen, die in ihrer Gesamtheit als Haarzyklus bezeichnet werden. Das Wachstum des Haares beginnt in der etwa zwei bis sechs Jahre andauernden Anagenphase, in der sich eine neue Haarwurzel und schließlich das Haar bilden. Zwischen 80 und 90 Prozent des Kopfhaares befinden sich in dieser Phase.

Während der nur wenige Wochen andauernden Katagenphase wird das eigentliche Wachstum eingestellt, das Haar löst sich von der Papille und verkümmert. Nur etwa ein Prozent aller Haare befinden sich in dieser Übergangsphase.

Die Endphase des Haarwachstums wird als Telogenphase bezeichnet. Während dieser Phase des Haarzyklus erneuert sich die Papille und der Haarfollikel regeneriert sich. Das Wachstum beginnt erneut und es entsteht ein neues Haar. Knapp 20 Prozent der Kopfbehaarung befinden sich in dieser zwischen zwei und vier Monate andauernden Phase.

Bei den unterschiedlichen Formen des Haarausfalls liegen verschiedene Fehlregulationen des Haarwachstumszyklus vor. Stressbedingter Haarausfall lässt Haarfollikel in die Ruhephasen eintreten, sodass die Erneuerung ausbleibt und die Haare ausfallen.

Welche Formen des Haarausfalls gibt es?

Alopecia areata

Bei dieser Form des Haarausfalls handelt es sich um einen entzündlichen Prozess, bei dem Zellen des körpereigenen Immunsystems ihre Aktivität gegen Haarwurzeln richten und so das Haarwachstum stören, bis es zum Ausfallen des Haares kommt. Diese kahlen Stellen treten oft nur zeitlich begrenzt auf und wachsen in vielen Fällen auch ohne Behandlung wieder zu. Obwohl derzeit nicht zweifelsfrei nachgewiesen, wird davon ausgegangen, dass neben erblichen Faktoren auch Schockerlebnisse oder zu viel Stress der Auslöser krankhafter Immunreaktionen wie bei Alopecia areata sein können. Es muss daher neben einer klassisch medikamentösen Therapie auch die Reduktion stressauslösender Faktoren bei der Behandlung der Alopecia areata berücksichtigt werden.

Telogenes Effluvium

Bei diesem auch als diffusen Haarausfall bezeichneten Vorgang fallen meist die Haare über den gesamten Kopf verteilt aus. Ursachen können neben Mangelerscheinungen, Hormonschwankungen, Schilddrüsenerkrankungen und Infektionen auch die Auswirkungen von chronischem Stress sein. Innerhalb weniger Monate geht eine große Zahl an Haarfollikeln aus der telogenen Phase in eine Ruhephase über und es kommt zu starkem Verlust der Kopfbehaarung. Der genaue Wirkmechanismus, der dem Einfluss von Stress auf die Ausprägung des diffusen Haarausfalls zugrunde liegt, ist noch nicht abschließend geklärt. Dennoch ist klar, dass chronischer Stress ein möglicher Auslöser von diffusem Haarausfall ist und deshalb auch bei der akuten Therapie berücksichtigt werden sollte.

Erblicher Haarausfall

Bei erblichem Haarausfall (androgenetische Alopezie) sind die Haarwurzeln überempfindlich gegenüber dem körpereigenen Hormon Dihydrotestosteron (DHT). Dies kann bei Frauen und Männern gleichermaßen der Fall sein.

Die erbliche Form von Haarausfall zeigt sich daran, dass die Haare an einigen Stellen auf dem Kopf besonders stark ausfallen. Bei Frauen kommt es oft zu sogenannten Geheimratsecken oder zum Zurückweichen der Haare an Stirn und Scheitel, meist um das 50. Lebensjahr herum. Die Haare sind geschrumpft und der Haardurchmesser verkleinert. Auch wenn die Haare verkümmert sind, sind die Haarwurzeln meist noch vorhanden und die Haare lassen sich wieder stimulieren.

Bei Männern weichen die Haare über der Stirn zurück und die Schläfen werden lichter. Im weiteren Verlauf kommt es zum Verlust der Hinterkopfhaare. Dieser Prozess kann aber aufgehalten, gestoppt und manchmal sogar umgekehrt werden.

Weitere Ursachen

Neben den bereits genannten Ursachen für Haarausfall kommen auch bestimmte Erkrankungen wie z.B. Stoffwechselerkrankungen(Diabetes Mellitus, Schilddrüsenüber- bzw. -unterfunktion), Morbus Crohn, Bulimie, sowie Infektionskrankheiten und Vergiftungen mit bestimmten Metallen als Ursache in Betracht. Auch bei einer Strahlenexposition im Rahmen einer Radiotheraphie sowie chemotherapeutischen Behandlungen kommt es zu einem Verlust der Körperbehaarung. Bei diesen Formen des Haarausfalls spielt Stress keine ursächlich auslösende Rolle.

Wie beeinflusst Stress das Haarwachstum?

Stress beeinflusst über komplexe Regulationsvorgänge das Haarwachstum, was verschiedene Folgen haben kann. Im Allgemeinen erhöhen chronischer aber auch akuter Stress die Konzentration von Botenstoffen wie Noradrenalin, Substanz P und NGF (nerve growth factor) im Haarfollikel, was in Tierversuchen nachgewiesenerweise zu Schädigungen, Abbruch der Wachstumsphasen und Ausfall der betroffenen Haare führt.

Es liegt daher nahe, dass auch beim Menschen über die Regulation dieser zentralen Mediatoren der Stress-induzierte Haarausfall vermittelt wird.

Durch die erhöhte Konzentration der Botenstoffe im Haarfollikel werden entzündliche Vorgänge ausgelöst, die schließlich dazu führen, dass das Haar seine Wachstumsphase vorzeitig beendet und in eine Ruhephase übergeht.

Akuter und chronischer Stress können sowohl das Krankheitsbild des Haarausfalls ursächlich hervorrufen als auch als zusätzlicher, unterstützender Faktor den Haarausfall bei Pathologien mancher endokriner, toxischer oder metabolischer Ursachen verstärken. Das Erlernen von Methoden zur Stressbewältigung kann sich daher möglicherweise positiv auf das Haarwachstum auswirken.

Welche Faktoren rufen Stress hervor und können zu Haarausfall führen?

Kurz andauernde Stressphasen sind bei den meisten Menschen ein häufig auftretendes Phänomen und haben keinen nachgewiesenen Einfluss auf den Haarausfall. Viel problematischer sind regelmäßige stressauslösende Faktoren im Alltag der Betroffenen, da sie auf lange Sicht zu chronischem Stress führen, der auch das Haarwachstum beeinflussen kann.

Stress im Alltag kann viele Ursachen haben, welche sowohl durch äußere als auch durch innere Faktoren ausgelöst werden können.

Die Hauptursache von chronischem Stress liegt meist in inneren, psychischen Faktoren begründet. Zu den häufigsten zählen zu hohe Anforderungen an sich selbst, die Angst vor Ablehnung bzw. ein starkes Bedürfnis nach Anerkennung sowie ein schwach ausgeprägtes Selbstwertgefühl.

Verspürt man in einer Situation Angst, ist man in jedem Fall einem starken Stressfaktor ausgesetzt. Die Empfindung und die Resistenz gegenüber Stress verursachender Faktoren ist eine individuelle Eigenschaft des Menschen und deshalb nicht direkt vergleichbar. Nicht jeder Faktor löst bei allen Menschen Stress aus und es muss in jedem Fall individuell evaluiert werden, wie viel Stress dem Körper zumutbar ist und wie man ihn reduzieren kann.

Wie lässt sich stressbedingter Haarausfall vermeiden?

Anders als beim erblich hormonell bedingten Haarausfall handelt es sich bei der durch chronischen Stress ausgelösten Form des Haarausfalls um einen umkehrbaren Prozess.

In Tierversuchen hat sich bereits der Einsatz eines Substanz P-Antagonisten als wirksam im Einsatz gegen stress-induzierten Haarausfall erwiesen. Weitere Modelle zeigen, dass auch der Einsatz von Minoxidil bei der Kontrolle des stressbedingten Haarausfalls hilfreich sein kann.

In jedem Fall sollten betroffene Personen versuchen, sich weniger Stress auslösenden Faktoren auszusetzen und so die chronische Stressbelastung gezielt zu reduzieren. Eine wirksame und nachhaltige Reduktion des chronischen Stresses sorgt dafür, dass die Konzentration von Stresshormonen im Körper wieder abnimmt und sich die Haarfollikel regenerieren können. In Kombination mit einer entsprechenden medikamentösen Therapie kann so der Haarausfall begrenzt und gestoppt werden. Es können sogar neue Haare nachwachsen, wenn die Stressbelastung langfristig reduziert wird.

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Dr. med. Michel Wenger

Dr. med. Michel Wenger ist Leiter der klinischen Geschäftsenwicklung für Deutschland. Neben seinem Abschluss in Medizin hält er einen MBA in Strategy and Marketing Consulting von der Cambridge Judge Business School.

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