Stellungnahme zur Bewertung durch Stiftung Warentest

London, 20. Juli 2012

Inhalt
 

Nachdem die Stiftung Warentest auf der Internet-Seite www.test.de am 18. Juli 2012 ein sehr negatives Testurteil über die erste deutschsprachige Online-Arztpraxis DrEd.com verhängt hat, drängen sich Zweifel an der Sorgfalt der anonymen Tester auf. Um diese Zweifel auszuräumen, hat DrEd einen offenen Brief an die Stiftung Warentest formuliert, der nachfolgend zitiert ist:

Sehr verehrte Frau Dr. Loggen, sehr verehrte Frau Eigner,

wir wenden uns an Sie in der Vermutung, dass der am 18. Juli 2012 auf test.de veröffentlichte Bericht „Riskanter Besuch beim Online-Arzt“ in Ihre wissenschaftliche respektive journalistische Verantwortung fällt. Wir haben keine Angaben zu dem Autor des Berichts gefunden; sollten Sie es nicht sein, dann wären wir Ihnen dankbar, wenn Sie unser Schreiben an den tatsächlichen Autor weiterleiten und/oder uns die entsprechenden Kontaktdaten zur Verfügung stellten.

Wir zitieren aus Ihrem Artikel: „Riskanter Besuch beim Online-Arzt“, „Das Risiko einer Falschbehandlung ist immens“ und „Wie verantwortungslos.“

Sicher stimmen Sie mit uns überein, dass diese Beschreibung und Bewertung einer Arztpraxis sehr negativ und vernichtend ist. Diesem Urteil liegt vermutlich eine gründliche, objektive und ausgewogene Untersuchung eines sachkundigen Personenkreises zugrunde. Im Gegensatz zu juristischen Urteilsfindungen bleiben in dem Artikel Verfasser bzw. Untersuchungsgruppe sowie die Arbeitsweise unbeschrieben. Dies erschwert die Reflektion der von Ihnen geäußerten Kritik.

Wir sind offen für Kritik und Verbesserungsvorschläge – nicht nur die der Stiftung Warentest – und nehmen diese, wenn berechtigt, sehr ernst. Die beste Behandlung unserer Patienten steht für uns immer im Vordergrund und, nicht anders als andere medizinische Leistungserbringer, versuchen auch wir in der Telemedizin unser Angebot ständig zu hinterfragen und im Sinne unserer Patienten die Qualität unserer Leistungen zu erhöhen. Vor diesem Hintergrund würden wir gerne mit Ihnen in einen konstruktiven Dialog treten, um Ihre Kritik für uns und unsere Patienten positiv zu nutzen und so unsere ärztlichen Leistungen zu verbessern.

Konkret geht es um spezifische juristische und medizinische Fragen. Auf der rechtlichen Seite ist es für uns nach Lektüre des Beitrags nicht ersichtlich, wie die Einschätzung, DrEd bewege sich in einer juristischen Grauzone, zustande kommt. Im Gegenteil: Die rechtliche Seite ist genau geregelt, nämlich in Deutschland, in Großbritannien und in der EU. So verbieten sich in Deutschland Ärzte durch ihre selbstgegebene Berufsordnung die ausschließlich telemedizinische Diagnose und Behandlung von Patienten. Die britischen Berufsregeln lassen diese telemedizinische Tätigkeit innerhalb eines klar definierten Aufsichtsrahmens zu. Um Konfliktsituationen zwischen divergierenden nationalen Vorschriften zu klären, haben alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union im vergangenen Jahr die EU-Richtlinie „Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung“ beschlossen und sich zur Umsetzung der dortigen Regeln verpflichtet. Eine der explizit kodifizierten Regeln betrifft die Telemedizin.

In Artikel 3 Buchstabe d) ist zu lesen:

„Behandlungsmitgliedstaat (bezeichnet) den Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet Gesundheitsdienstleistungen für den Patienten tatsächlich erbracht werden. Im Fall der Telemedizin gilt die Gesundheitsversorgung als in dem Mitgliedstaat erbracht, in dem der Gesundheitsdienstleister ansässig ist.“

Weiterhin in Artikel 4 Ziffer 1:

Leistungen der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung werden im Einklang mit folgenden Regelungen erbracht:

a) Rechtsvorschriften des Behandlungsmitgliedstaats;

b) vom Behandlungsmitgliedstaat festgelegte Standards und Leitlinien für Qualität und Sicherheit sowie Rechtsvorschriften der Union über Sicherheitsstandards;

Vor diesem sehr kontrastreichen Hintergrund von einer juristischen Grauzone zu sprechen, ist unverständlich und irreführend. Umso interessanter wäre es, bei den Juristen der Stiftung Warentest nachzufragen, wie diese Einschätzung zustande kommt.

Im medizinischen Bereich haben wir die fachliche Kritik an den beiden Test-Behandlungen analysiert. Auch hier verstehen wir nicht ohne Nachfragen an die ärztlichen Kollegen auf Ihrer Seite, wie diese Bewertungen zustande kommen. Nach unserem Verständnis verhält es sich wie folgt:

Erster Testfall – Blasenentzündung: Keine der Antworten zu unserem Anamnese-bogen suggeriert Symptome einer mehr als gewöhnlichen Zystitis. “Blut im Urin” ist bei Frauen auch bei banalen Blasenentzündungen ein häufig auftretendes Symptom. Bei gleichzeitig präsenten brennenden Schmerzen beim Wasserlassen und erhöhter Urinfrequenz ist dies für den behandelnden Arzt, auch in der Hausarztpraxis, keineswegs ein Alarmsymptom.

Geltende Richtlinien empfehlen in diesem Falle zunächst empirische Behandlung mit einem geeigneten Antibiotikum, wie jenes, das wir verschrieben haben. Sollten die Symptome sich nach Behandlung nicht legen, sind, wie wir in unserer Nachricht erklärt haben, weitere Untersuchungen wie z.B. Urinkultur angebracht. (siehe SIGN guidline 88: “Management of suspected bacterial urinary tract infection in adults”, Guidelines on Urological Infections, European Association of Urology 2009, Leitlinien der Universität Witten-Herdecke www.evidence.de).

Dennoch haben wir diese Test-Behandlung zum Anlass genommen, unseren Anamnesebogen zu verbessern, um zukünftig noch genauer die Beschwerden der Patienten zu erkennen.

Zweiter Testfall – Chlamydien-Infektion: Es wird geschätzt, dass zwischen 10 und 20 % aller unter 25-Jährigen von dieser häufig asymptomatisch verlaufenden Infektion betroffen sind. Die Behandlung ist einfach, sicher und effektiv und kann erheblichen Schaden bei Betroffenen vermeiden. Sie weisen ganz richtig auf die verheerenden Auswirkungen einer zu spät diagnostizierten Infektion hin.

Europäische Fachgesellschaften sind sich einig, dass im Falle von Chlamydien die möglichen Folgen einer nicht behandelten Infektion die geringen Risiken einer überflüssigen Behandlung weit aufwiegen. Wir bieten deshalb im Einklang mit geltenden Richtlinien die Behandlung an, wenn Patienten selbst den Verdacht auf eine Infektion hegen. So ist beispielsweise bereits der Verdacht auf Kontakt mit einem infizierten Partner eine gültige Indikation zur Behandlung - unabhängig von Testergebnissen des Patienten. (Bis zu zwei Wochen können vergehen bis “Gold-Standard” Tests, wie jene, die DrEd verwendet, ein positives Ergebnis liefern.) Selbsttests sind preisgünstig erhältlich, aber keinesfalls notwendig.

Auch in diesem Falle haben wir deutlich darauf hingewiesen, dass ein Urintest sinnvoll ist, sollten Zweifel an der Wirksamkeit der Behandlung bestehen. Ihr Testpatient hat angegeben, dass er an gelblichen Ausfluss leidet, der Behandlungserfolg ist also leicht zu bestätigen. (siehe 2006 UK National Guidline for the management of genital tract infection with Chlamydia trachomatis, BASSH).

Die von Ihnen beschriebenen Risiken einer Behandlung durch DrEd entstehen im Wesentlichen durch böswillige und gezielte Täuschungen der behandelnden Ärzte durch die Test-Patienten. Das durch die Täuschungen herbeigeführte Risiko siedeln Sie in der alleinigen Haftung des jeweiligen Arztes an und begründen so Ihr Urteil.

Wir haben eine andere Auffassung eines erfolgversprechenden Arzt-Patienten-Verhältnisses. Wir wissen, dass jeder Arzt, ob traditionell oder telemedizinisch tätig, auf die positive Mitwirkung des Patienten angewiesen ist, wenn das Ergebnis eine „gute, patientengerechte Medizin“ sein soll. Wie in einer traditionellen Arzt-Konsultation können Patienten natürlich auch bei DrEd falsche Angaben machen oder Teile der Wahrheit verschweigen. Wir denken nicht, dass es die Rolle des behandelnden Arztes sein kann, Patienten unter Generalverdacht ins Verhör zu nehmen. Wenn wir Grund zu der Annahme haben, dass eine Behandlung schadhaft sein könnte, fragen wir nach. Dies ist beispielsweise regelmäßig der Fall, wenn Patienten versuchen, ein Rezept für Dritte zu erhalten.

Warum Patienten bei DrEd weniger eigenverantwortlich als beim niedergelassenen Arzt handeln sollten, erschließt sich für uns nicht. Allerdings haben wir auch in unserer mehrjährigen telemedizinischen Praxiserfahrung bislang noch kein Testszenario wie das von Ihnen durchgeführte bestehen müssen. Insofern nehmen wir diese neue Herausforderung an und hoffen auf Ihre Unterstützung, die von Ihnen zugrunde gelegten Maßstäbe und Bewertungskriterien nachvollziehen und verstehen zu können.

In diesem Sinne freuen wir uns auf einen baldigen Dialog mit Ihnen und verbleiben solange

Mit freundlichen Grüßen

David Meinertz

Geschäftsführer



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