Truvada

Dr Friederike Ebigbo

Medizinisch geprüft von

Dr. med. Friederike Ebigbo

Letzte Änderung: 05 Sep 2019

Chancen und Grenzen des Medikaments zur HIV-Prophylaxe

Inhalt
Eine junge Frau liest im Internet Berichte über Truvada, ein Medikament zur HIV-Prophylaxe.
 

Truvada ist ein neu zugelassenes Medikament, das vor allem zur Langzeitprophylaxe als Schutz gegen eine Infektion mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) verwendet wird. Diese Art der Prophylaxe wird auch Präexpositionsprophylaxe (PrEP) genannt.

Was ist Truvada?

Truvada ist ein Kombinationsmedikament von Gilead Science, das die beiden Wirkstoffe Emtricitabin und Tenofovirdisoproxil enthält. Diese sind einzeln bereits seit mehreren Jahren zur Therapie von HIV-Infizierten in der Europäischen Union verfügbar. Seit Oktober 2016 ist Truvada als Mittel zur HIV-PrEP in der EU zugelassen. Außerdem wird Truvada – zusammen mit anderen Medikamenten – zur Behandlung HIV-Infizierter angewendet. Es muss ausdrücklich betont werde, dass Truvada nicht zur Behandlung von Virushepatits-Erkrankungen geeignet ist, auch wenn Emtricitabin als Einzelmedikament Teil einer Behandlung bei Hepatitis-B-Infektionen sein kann.

Für wen ist Truvada geeignet?

Truvada ist vor allem für Personen gedacht, die einer sogenannten Hochrisikogruppe angehören und deshalb ein im Vergleich zur Gesamtbevölkerung erhöhtes HIV-Infektionsrisiko haben. Dazu zählen vor allem Männer, die Sex mit Männern haben (MSMs), Prostituierte und Drogenabhängige, die sich Drogen mit Spritzen injizieren. Darüber hinaus haben auch Menschen mit häufig wechselnden Sexualpartnern sowie Menschen, die (außerhalb einer festen Partnerschaft) Sexualkontakte ohne Kondom haben, ein erhöhtes Risiko, sich mit HIV zu infizieren. Natürlich ist Truvada auch für HIV-negative Menschen gedacht, die in einer festen Beziehung mit einem HIV-positiven Partner leben und ihr Sexualleben ohne Angst vor einer Ansteckung mit HIV ausleben möchten.

Truvada ist verschreibungspflichtig und darf unter anderem bei einer Hepatitis B-Infektion oder bei gleichzeitiger Einnahme diverser anderer Medikamente gegen Virus- und Pilzinfektionen nicht ohne Rücksprache mit einem Arzt eingenommen werden. Außerdem darf Truvada zur Prophylaxe nur von HIV-negativen Personen eingenommen werden. Frauen sollten Truvada nur einnehmen, wenn sie zusätzlich eine gut wirksame Verhütungsmethode wie Kondome oder die Antibabypille verwenden. Stillende Mütter dürfen Truvada nicht einnehmen, da die Wirkstoffe von Truvada in die Muttermilch übergehen. Truvada ist nicht für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren geeignet.

Sind Menschen, die Truvada einnehmen, verantwortungslos?

Teilweise trifft man speziell im Internet auf die Meinung, dass Menschen, die Truvada einnehmen, verantwortungslos sind, da sie ja mit potentiell HIV-positiven Menschen Sexualkontakte haben möchten. Solche Meinungen sind aber nicht nur falsch, sondern sogar gefährlich und schrecken mitunter Mitglieder von Hochrisikogruppen von der Einnahme ab. Truvada-Anwender sollten sich immer bewusst sein, dass die Verwendung von Truvada ganz im Gegenteil eine verantwortungsbewusste Entscheidung für größere Sicherheit im Sexualleben ist. Natürlich sollten Menschen in Hochrisikogruppen beim Sex, falls möglich, stets auch Kondome benutzen. Truvada ist jedoch immer eine sinnvolle Ergänzung bzw. ein zweiter Schutz gegen eine Ansteckung mit HIV und hilft zusätzlich, das Risiko von HIV-Infektionen beim Sex ohne Kondom drastisch zu reduzieren.

Wie wirkt Truvada?

Nach einer HIV-Infektion schleusen die HI-Viren ihre Erbinformation in bestimmte Zellen des Immunsystems ein und benutzen anschließend diese Zellen, um immer mehr HI-Viren zu produzieren. Die Wirkstoffe in Truvada hemmen die Übertragung der Erbinformation und können so eine Erstinfektion verhindern. Truvada kann HIV-Infizierte jedoch nicht heilen, da sich die HI-Viren bei HIV-positiven Personen in bestimmten infizierten Zellen – bildlich gesprochen – verstecken können. Daher gibt es für HIV-positive Menschen andere Kombinationen an Medikamenten, die eine Virusvermehrung unterdrücken.

Wie zuverlässig schützt Truvada vor HIV-Infektionen?

Es gibt mehrere Studien zur Wirksamkeit von Truvada. Insgesamt lässt sich feststellen, dass Truvada das Risiko einer HIV-Infektion um 86 Prozent reduzieren kann. Dieser Wert ist bereits relativ gut, allerdings sind Kondome nach wie vor noch wirksamer bei der Verhinderung und können, bei korrekter Anwendung, in beinahe 100 Prozent der Fälle eine Ansteckung mit HIV durch Geschlechtsverkehr verhindern. Die Kombination von Truvada mit der gleichzeitigen Verwendung von Kondomen bietet aber doppelte Sicherheit und gewährleistet auch dann noch einen relativ wirksamen Schutz vor HIV, wenn das Kondom reißt, es doch zu ungeschütztem Sex kommt oder die Verwendung von Kondomen aus anderen Gründen nicht möglich ist.

Es wird empfohlen, Truvada dauerhaft einmal täglich einzunehmen, solange die Patienten einer Hochrisikogruppe angehören. Mit dieser Langzeitprophylaxe erreicht man die höchsten Wirkungsgrade.

Zusätzlich zur bloßen Truvada-Einnahme gehören zum Gesamtkonzept der PrEP regelmäßige Arztbesuche im Abstand von drei Monaten. Bei diesen Terminen wird einerseits ein Test auf HIV und diverse andere Geschlechtskrankheiten gemacht, andererseits wird der allgemeine Gesundheitsstatus überprüft.

Schützt Truvada auch vor anderen Geschlechtskrankheiten?

Truvada wirkt nur gegen eine mögliche HIV-Infektion und bietet keinen Schutz vor anderen Geschlechtskrankheiten wie Hepatitis B, Syphilis oder Feigwarzen. Um einen effektiven Schutz gegen andere Geschlechtskrankheiten zu haben, wird insbesondere bei häufigen Partnerwechseln dringend die Verwendung von Kondomen empfohlen.

Besitzt Truvada auch Nebenwirkungen?

Wie alle Medikamente kann auch Truvada gewisse Nebenwirkungen auslösen. Schwere Nebenwirkungen sind dabei selten, meistens leiden Betroffene vor allem zu Beginn der Therapie unter Magen-Darm-Beschwerden, Ausschlägen, Schwächegefühl und Schlafstörungen. Allerdings ist es wichtig, vor einer möglichen Einnahme von Truvada ausführlich mit einem Arzt über die persönliche Risikosituation, Vorerkrankungen, Risiken und Nebenwirkungen sowie zusätzliche Schutzmaßnahmen zu sprechen.

Übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland die Kosten für Truvada?

Obwohl die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland die Kosten für die Therapie von HIV-Infizierten übernehmen, beteiligen sie sich leider nicht an den Kosten für eine (günstigere) vorbeugende Behandlung mit Truvada. Man kann im Einzelfall zwar versuchen, mit der eigenen Krankenkasse zu verhandeln, allerdings besteht kein Rechtsanspruch auf Kostenübernahme. Ähnliches gilt bei privaten Krankenkassen, wobei hier die Situation durch die vielen unterschiedlichen Versicherungstarife noch individueller ist.

Die Kosten für eine Dauerprophylaxe mit einer Tablette Truvada täglich belaufen sich momentan auf ungefähr 800 € pro Monat. Diverse öffentliche und private Vereinigungen sind mit dem Hersteller von Truvada in Verhandlung über eine Preisreduktion. Zudem läuft 2017 der Patentschutz für die Inhaltsstoffe in Truvada aus, jedoch ist im Moment nicht absehbar, ob und in welchem Ausmaß die Kosten für Truvada dadurch sinken werden.

Weiterführende Beratung, welche Möglichkeiten es aktuell zur Finanzierung einer PrEP mit Truvada gibt, können Interessierte bei anerkannten offiziellen Institutionen wie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) oder der deutschen Aidshilfe erhalten.

Gibt es günstigere Alternativen zu Truvada?

Bei der Suche nach HIV-Prophylaxen tauchen immer wieder angeblich günstige Alternativmedikamente zu Truvada auf, die trotz identischer Inhaltsstoffe drastisch günstiger sein sollen und gleichzeitig ohne Rezept bestellbar sind. Von der Bestellung solcher dubiosen Angebote kann nur dringend abgeraten werden. Zunächst handelt es sich bei diesen Mitteln um angebliche Nachahmerpräparate (Generika) ausländischer Hersteller. Diese Mittel besitzen aber weder eine Zulassung für den deutschen oder europäischen Markt, noch unterliegen sie einer behördlichen Qualitätskontrolle. Daher sind diese Mittel potentiell gesundheitsgefährdend und sollten auf keinen Fall eingenommen werden. Außerdem sollten verschreibungspflichtige Medikamente niemals ohne vorherige Rücksprache mit einem Arzt eingenommen werden, da die meisten rezeptpflichtigen Präparate für bestimmte Personengruppen gefährliche Nebenwirkungen haben können. Des Weiteren sind der Kauf und die Einfuhr nicht zugelassener Medikamente in die EU strafbar.

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Medizinisch geprüft von:
Dr. med. Friederike Ebigbo Fachärztin für Frauenheilkunde in gynäkologischer Praxis

Dr. med. Friederike Ebigbo unterstützt ZAVA bereits seit vielen Jahren bei der medizinischen Text-Prüfung. 2011 schloss sie ihr Medizinstudium an der Technischen Universität München ab. Danach arbeitete sie an Frauenkliniken in Trier, Aachen und in der Schweiz – dort war sie von 2019 bis 2020 Oberärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe. Dr. med. Friederike Ebigbo ist seit September 2020 Ärztin in einer gynäkologischen Praxis in Hamburg.

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Letzte Änderung: 05 Sep 2019

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